+++ Update +++
Hat ein paar Monate gedauert mit dem neuen Text. Aber hier
ist er.
Ich bin immer noch und Gott sei Dank in Remission. Remission ist der Begriff dafür, dass der Krebs mit medizinischen Mitteln nicht mehr nachweisbar ist. Manchmal höre ich auch, dass die Krankheit zur Zeit nicht aktiv ist. Wie auch immer: aktuell ist der Krebs nicht da.
Wirklich nicht?
Seit nunmehr knapp zwei Jahren absolviere ich die
Erhaltungstherapie. Jeden Monat muss ich im UKE erscheinen und lasse mir den
Nachschlag servieren. Das ist eine volle Infusion mit dem Antikörper, der sich
gegen den Krebs richtet. Üblicherweise erhalte ich dies an einem Freitag.
Freitags läuft also die Infusion mit dem Antikörper. Aus dem
UKE taumele ich danach erleichtert, aber auch etwas benebelt. Na klar, ich bin
auch so richtig müd. Einen Tag später am
Sonnabend spüre ich bereits, wie mich meine Körperkräfte allmählich verlassen.
Spätestens am Nachmittag merke ich, dass bald mit mir nichts mehr los ist.
Abends kommen dann entweder Fieberschübe oder aber unendliche Schwäche. Da
trifft es sich gut, dass die Nacht auf Sonntag meist eine halbwache ist, da
mich die Medikamente, die zur Infusion gegeben wurden, in meiner Erschöpfung
aufputschen. Sonntag bin ich dann groggy und möchte nur noch in Ruhe gelassen
werden. Meine Familie ist so lieb und lässt mich dann auch schlafen oder
wenigstens ruhen. Wenn ich Glück habe, dann bin ich am Montag wieder auf dem
Damm.
Selbstverständlich nehme ich jeden Tag meine
Chemotherapietabletten. Praktischerweise haben diese Nebenwirkungen, die
durchaus nicht von Pappe sind. Seit Monaten leide ich unter Durchfällen,
Hautveränderungen und einem gut schwankenden Blutdruck.
Immunsystem ist auch ein gutes Stichwort: Mitte August hatte
ich mein Gespräch mit dem Psychoonkologen. Wir zogen eine Bilanz und ich
meinte, dass ich richtig Glück hatte, in diesem Jahr 2019 praktisch noch keinen
größeren Infekt gehabt zu haben. Letztes Jahr waren Infektionen sozusagen im
3-Wochen-Rhythmus eingeflogen. Am Abend nach dem Gespräch fing mein Hals an zu
kratzen, am nächsten Tag hatte ich Fieber und einen Schnupfen mit einer Nase im
Dauerlauf.
Panta rhei, wie der Altgrieche sagt.
Es folgte sehr bald der Husten
und eine exzellente Bronchitis, die mich zweieinhalb Wochen intensivst
beschäftigte. Also doch Infektion.
Letzten Freitag war ich also wieder bei meiner Onkologin im
UKE.
„Na, nun sind Sie bald mit der Therapie hier durch“ sagte sie mir freundlich.
„Ja – und wie geht es weiter?“ wollte ich wissen.
„Sie suchen sich einen niedergelassenen Onkologen, der ihnen das Rezept für die Chemotherapietabletten ausstellen wird und den Sie dann einmal pro Monat besuchen müssen. Außerdem kommen Sie einmal im Vierteljahr zu uns und lassen ein Blutbild machen.“
Oha, dachte ich, das hört sich nach vielen Terminen an.
„Die Tabletten“ sagte sie, „müssen Sie so lange nehmen, bis die Krankheit wieder aktiv ist.“
„Na, nun sind Sie bald mit der Therapie hier durch“ sagte sie mir freundlich.
„Ja – und wie geht es weiter?“ wollte ich wissen.
„Sie suchen sich einen niedergelassenen Onkologen, der ihnen das Rezept für die Chemotherapietabletten ausstellen wird und den Sie dann einmal pro Monat besuchen müssen. Außerdem kommen Sie einmal im Vierteljahr zu uns und lassen ein Blutbild machen.“
Oha, dachte ich, das hört sich nach vielen Terminen an.
„Die Tabletten“ sagte sie, „müssen Sie so lange nehmen, bis die Krankheit wieder aktiv ist.“
Ich schluckte. „Krankheit wieder aktiv“ Ja, das wusste ich,
das ist mir klar. Aber das noch einmal zu hören, dass dann noch etwas vom MM
kommt, das hat eine dunkle Saite in der Klaviatur meiner Seele angeschlagen.
Remissionsalltag heißt bei mir übrigens, dass ich mich immer
frage, ob der eine oder andere Schmerz, den ich in meinem Körper wahrnehme,
normal ist oder ob da eine bösartige Ursache dahintersteckt.
Auf der anderen Seite dachte ich mir, als meine Onkologin „Krankheit
wieder aktiv“ mit einer gewissen Selbstverständlichkeit sagte, dass ich bis
dahin ja noch Leben habe. Was spricht dagegen, das Leben wenigstens bis zu dem
Zeitpunkt zu genießen und aktiv zu gestalten, bis die „Krankheit wieder aktiv“
ist? Die Krebsbiographie ist kein Grund, den „Sand in den Kopf zu stecken“, wie
es der Fußballphilosoph Lothar Matthäus weise formuliert hatte.
Krebs ist Arbeit. Remission ist Arbeit.
Nächste Woche kann ich verwirklichen, was ich seit Jahren
wollte. Ich fahre für ein paar Tage in ein richtiges Kloster, genauer gesagt in
die Benediktiner-Abtei Niederalteich in Niederbayern.
Das ist eine Auszeit. Man hat mir gesagt, dass man sich in
solchen Zeiten und an solchen Orten auf die Suche nach Gott begeben kann.
Na
dann.