Freitag, 17. März 2017


 


 
Tag 8/3
Die Einleitungsphase ist nun deutlich in ihrer zweiten Hälfte angekommen. Im dritten Zyklus habe ich noch eine Infusion vor mir. Dann folgt bis Mitte April noch der vierte Zyklus, der ebenfalls zwei Infusionen haben wird.
Ab Mitte April dann: Mal sehen. Dann kommt irgendwann die Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation. Dann wird es sportlich.
Neulich wurde ich gefragt, wie denn so ein Chemotherapie-Raum aussieht. Also: Genauso wie auf dem Bild. Unspektakulär, nüchtern, vielleicht auch leicht abweisend.
Chemotherapiesessel, mittel bequem
Struktur
Das ist für mich ein Experiment: Die Rückkehr in den Alltag.
Jedenfalls habe ich festgestellt, dass mir ein stark strukturierter Alltag Halt und Mut gibt. Und deshalb bin ich diese Woche wieder regelmäßig zur Arbeit gegangen. Warum auch nicht? Am Dienstag musste ich mich sogar regelrecht daran erinnern, dass ich schwerkrank bin, so gut fühlte ich mich. Aber am Mittwoch hatte ich den Eindruck, als wenn die ganze Zeit jemand in meinem Kopf herumtrampelt und ihn mal nach links und mal nach rechts drückt. Seither ist wieder weitgehend Nebenwirkungsruhe, d.h. es ist erträglich.
Ich konnte sogar Auto fahren. Das spart unheimlich viel Zeit. Den ersten Gang kann ich noch nicht mit rechts einlegen, das führt unweigerlich zu starken Schmerzen im Oberarm. Aber die linke Hand kann unterstützen (ich nutze den ersten Gang nur zum Anfahren). Die Sitzposition habe ich verändert, jetzt passt alles.
Auch wenn ich lieber mit der U-Bahn unterwegs bin, so darf ich doch wieder etwas Freiheit genießen.
Freiheit? Das heißt für mich, auch die Krankheit mal zu vergessen.
Freiheit? Das heißt für mich, nach vorne zu denken.
Freiheit? Das heißt für mich, mir Ziele zu setzen.
Ich muss damit rechnen, dass mir die Tagesform immer ein Bein stellt. Mal gibt es da einen Krampf, mal Kopfdruck, mal ist mir schlecht. Der Blutdruck scheint sich zu regeln. Ich bin in diesem Alltag für alles dankbar, was mir an kleinen guten Dingen widerfährt. Den ganz großen Wurf will ich nicht aus dem Blickfeld verlieren. Aber jeder Tag ist neu.
Ich lerne, auch in ganz kleinen Abschnitten zu leben.
 
Veränderungen
Gehe ich aus der Krankheit hervor, wie ich in die Krankheit hineingegangen bin? Die Krankheit ist ein erheblicher Einschnitt in mein Leben, in das Leben meiner Frau, in das Leben meiner Kinder, meiner Familie, meines Umfeldes. Da sind Veränderungen immer dabei, auch bis in die Tiefe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dort weitermache, wo ich vor der Krankheit gestanden habe. Aber was kommt?
Eigenartig: Ich sehe nur schattenhafte Umrisse vor mir. Der Nebel der Zukunft verhüllt, was mir vorschwebt. So bleiben meine Vorstellungen diffus, unsagbar, nicht zu formulieren.
Aber ich will mir Ziele setzen! Nur welche, das ist die Frage.
Gegoogelt
Heute fiel mir beim Googeln das  Thema „Lebenserwartung“ bei MM in die Hände. Ich kann nicht behaupten, dass es mich sonderlich optimistisch gestimmt hätte. Gerade gestern ist der Vater einer britischen Sängerin an MM gestorben, er wurde 63 Jahre alt und hat seit fünf Jahren gegen die Krankheit gekämpft. Das findet man, wenn man googelt. 63 Jahre, also etwa neun Jahre älter als ich.
Die Meldungen sagen nichts darüber aus, wie sich MM bei ihm bemerkbar gemacht hat, wie heftig es war, ob er Vorschädigungen hatte und welche Therapieformen er ausprobieren musste. Als Vater einer Prominenten dürfte es bei ihm an Geld nicht gemangelt haben, um sich auch teure Verfahren leisten zu können. Aber: MM ist nach meiner Einschätzung immer anders. Es kann bei mir ganz anders sein, muss und soll ganz anders sein. Natürlich! Doc ich spüre, dass da ein Leidensgenosse aus dem Leben genommen worden ist. Ein Menetekel? Ach was. Oder doch?

Nichts ist selbstverständlich
Wir meinen, dass unser Leben selbstverständlich ist und dass es immer so weitergeht. Unterhalte ich mich mit anderen über ihre Jahresplanung, dann kommen diverse Sachen der nächsten Monate zur Sprache: Urlaub, neues Auto, neues dies und das, Karriere, Hobbys usw.. Und ich finde das vollkommen in Ordnung. Gerne möchte ich mitreden. Doch nun höre und sehe ich das alles wie durch eine Glasscheibe: Bild und Ton sind gedämpft, mein Zugang zu dieser Welt ist indirekter geworden.
Aber: Was wir heute für selbstverständlich halten, kann uns morgen schon genommen werden.
Urlaub? Pustekuchen. Ist gestrichen.
Neues Auto? Nicht mehr zu finanzieren.
Karriere? Werde erst mal gesund.
Wie gehen wir damit um, wenn die Selbstverständlichkeiten entfallen und der Lebensplan umgeworfen wird? „Ja, Sie haben Krebs.“ – und alles, was selbstverständlich war, gilt nicht mehr viel.
 
Liebe Grüße, Alsterstewart


Samstag, 11. März 2017


Tag 2/3

Der dritte Zyklus hat nun angefangen. Ich bin natürlich gespannt, wie diese drei Wochen nun laufen werden. Der Start war wie gewohnt gut: Kaum Schmerzen, etwas Euphorie und natürlich auch Gedanken, wie das mit dem Blutdruck weitergeht. Dabei bin ich durchaus hoffnungsvoll, was die generelle Veträglichkeit angeht. Das wird schon, sage ich mir. Immerhin: Aktuell sind die Blutwerte sehr gut, was auch heißt, dass sich der Krebs wenigstens nicht ausbreitet.

Natürlich wollte ich auch wissen, wie es nach dem vierten Zyklus weitergeht. Aber das ist derzeit noch Nebel. Ende April / Anfang Mai werden Stammzellen gesammelt – und dann folgt irgendwann die Hochdosistherapie. Ein schreckliches Wort, das allerdings seinen Schrecken verliert wenn ich darüber nachdenke, wozu diese Form der Therapie gedacht ist: Hinaus mit dem bösen Zeug, das mich ruinieren will.

Wozu und warum?

Der Heimgarten

Über dem Ort Ohlstadt, einer kleinen Gemeinde in Oberbayern, kurz vor Garmisch-Partenkirchen, aber noch im Alpenvorland, erhebt sich der Berg, der „Heimgarten“ heißt. Das ist kein schneebedeckter majestätischer Berg, sondern ein dichter Wald, über dem ein Felsengipfel thront. Der Heimgarten trennt mit seinen knapp 1800 Metern Höhe das westlich gelegene Loisachtal, an dem auch Ohlstadt liegt, vom östlich gelegenen Walchensee ab. Über einen Gratweg ist der Heimgarten mit dem Herzogstand verbunden, dessen Gipfel man mit einer Seilbahn von Kochel am See erreichen kann. Der Heimgarten ist gut zu besteigen über Waldwege, die nach meiner Erinnerung von Ohlstadt und Eschenlohe am besten hinaufführen.
Der Heimgarten

1982 war mein Heimgarten-Jahr. Meine Eltern, mein Bruder und ich waren in Ohlstadt im Sommerurlaub. Mit uns zwei Familien: Eine Nachbarsfamilie aus Hamburg und eine dritte Familie, ebenfalls aus Hamburg. Und meine Mutter, mein Bruder und ich beschlossen, gemeinsam mit diesen Berg Heimgarten zu ersteigen. Bald war eine Reisegruppe aufgetan: wir drei, der Vater eines Freundes von mir und eine dreiköpfige Familie, die auch aus Hamburg war. So ging es los. Lustigerweise waren Wartischs nicht mit Rucksäcken unterwegs, sondern mit Einkaufstaschen, in denen wir den Proviant eingepackt hatten. Aber das Schuhwerk stimmte soweit.

Zuerst ging es gemäßigt steil den Waldweg hinauf. Die Hitze des Tages konnten wir durch den reichen Schatten der Bäume aushalten. Je weiter wir hinaufkamen, desto kühler wurde es ohnehin.

Aber bald wurde aus dem gemäßigt steilem Aufstieg ein richtig steiler Aufstieg. Jedenfalls in meiner Erinnerung hatten wir mitunter Steigungswinkel von ca. 45 Grad zu bewältigen. Wir kamen immer langsamer voran, die Pausen wurden öfter, das Luftschnappen mühsamer, das Schwitzen heftiger und dann die Frage: Warum das alles? Sollen wir umkehren? Was nützt die Quälerei? Dazu hatte der Vater meines Freundes, nennen wir ihn Heinz, 55 Jahre alt, ein deutliches Kräfteproblem. Er jammerte andauern „O Gott, o Gott, o Gott – ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr:“ Das korrespondierte ganz gut mit dem viergeknoteten Taschentuch, das er sich als Kopfschutz über sein schütteres Haupthaar gelegt hatte und dem darunter erkennnbaren hochroten Kopf. Heinz war fertig. Und aus der dritten Familie, alles erfahrene Wanderer, wurde sich um ihn gekümmert – großartig. „Komm Heinz, wir gehen den Weg zusammen.“

Als wir aus der Nadelwaldzone in die Zone kamen, in der auf dem Berg nur noch Flechten und Moose wuchsen, zerstreute sich die Gruppe allmählich. Mein Bruder Lutz erklomm im Affenzahn mühelos jede Steigung. Er war damals erst 12. Dann folgte aus der dritten Familie deren Sohn, 17 Jahre. Und mit etwas Abstand kam ich als dritter. Weit unter mir waren die vier Erwachsenen: Meine Mutter, Heinz und Vater und Mutter der dritten Familie.

Nach endloser Zeit wurde der Weg, der nun in Serpentinen hinaufführte, wieder etwas flacher, zudem gab es nun noch wenige Pflanzen, es überwog nackter Fels. Über mir sah ich einen Bergrücken, der mir die Sicht auf den Gipfel nahm. Auch ich war leicht entkräftet und wünschte mir nichts sehnlicher als diese Wanderung endlich zu Ende zu bringen.

ABER DANN: Der Bergrücken war erstiegen – und mir eröffnete sich ein atemberaubendes Bild. Weit unter mir konnte ich nun den Walchensee bläulich schimmernd erblicken. Aber noch mehr: Der Blick nach Süden eröffnete mir ein gewaltiges Alpenpanorama. Auch dies schimmerte bläulich. Eine Fernsicht, die es in sich hatte. Die Zugspitze war gut zu erkennen, aber auch die österreichischen Alpen. Man sagte mir später, dass sogar der Großglockner zu erkennen gewesen sei. Ob das tatsächlich so war? Jedenfalls: Ich sah die Alpen in ihrer Majestät. Als ich den Blick nach Norden wandte: Schau an, da lief Lutz strebsam dem Heimgarten-Gipfel zu. Der 12jährige Junge aus Hamburg, ohne jede Wandererfahrung, aber mit Biss und Zielorientierung. Mit einem Mal donnerte es unter mir: Da flogen drei Kampfflugzeuge der Luftwaffe 500 Meter unter mir durch das Walchenseetal. „Ich stehe über fliegenden Flugzeugen“ schoss es mir durch den Kopf. Und dann berauschte ich mir nochmals am Alpenpanorama. Ich war hin und weg, allein dafür hatten sich die Strapazen gelohnt.

Heimgartenpanorama


So gestärkt ging ich die sanfte Steigung zum Heimgartengipfel. Dies war nun ein Gratweg, der an der östlichen Seite des Bergs entlanglief. Und kaum 30 Minuten später war ich am Ziel: Der Gipfel des Heimgartens war meiner. Lutz wartete lachend am Gipfelkreuz.




Ich jappte dennoch nach Luft. Vom Gipfel blickte ich umher: Das Panorama war immer noch da, nun sah ich auch den benachbarten Herzogstand mitsamt Seilbahn, darunter den Ort Kochel am See, ebenso den Walchensee und den Kochelsee. Westlich erblickte ich Ohlstadt, von wo aus wir gestartet waren, ebenso Eschenlohe und in Entfernung auch die Gemeinde Murnau am Staffelsee. Selbst Garmisch-Partenkirchen war auszumachen und – in einiger Entfernung nördlich – der Starnbergersee.

Mich interessierte dabei der Weg, den wir von Ohlstadt aus zurückgelegt hatten. Jede kleine Steigung, jeder Baum, der auf dem Weg lag, jedes Geröll, jeder kleine Wasserlauf, einfach alles. Fliegen umschwirrten mich am Gipfel zu Tausenden, als mir klar wurde: Es hat sich gelohnt, hier hochzuwandern. Es hat sich gelohnt.

Die vier Erwachsenen kamen etwa eine Viertelstunde später: Meine Mutter, die Eltern der dritten Familie – und auch Heinz hatte es endlich geschafft. So saßen wir bei „Skiwasser“ (so hieß die wässrige Limonade in der Gipfelstube) und von Abertausenden Fliegen belagert, den Schweiß trocknend, die Füße massierend, die Sonne genießend in der kühlen Gipfelluft. Wir hatten ja noch den Rückweg.


Warum erzähle ich das?

„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind.“ – Römer 8:28

Viele Christen mögen diesen Vers, ich gehöre dazu. Ich lese gerade von Timothy Keller das Buch „Gott im Leid begegnen – Walking with God through pain and suffering“. Da kommt er ebenfalls auf eine Bergwanderung zu sprechen und vergleicht sie mit dem Leben. Wenn wir den Gipfel erreicht haben, übersehen wir den Weg, den wir zurückgelegt haben, erinnern uns an Strapazen und Hindernisse und können all das in unsere Wanderung einfügen. Es hatte alles Sinn, jetzt, da wir auf dem Gipfel stehen. Nur von unten, als wir noch auf dem Weg waren, war der Sinn oft dunkel, verborgen, geheimnisvoll. Aber selbst in der Verborgenheit des Sinnes, wenn Gott uns verborgen scheint, bleibt Seine Hand stets über uns. Und die Strecke, die wir Zeit unseres Lebens gehen, wird uns erst dann in ihrem Sinn, ihrem Gehalt, ihrem Wert klar, wenn wir oben sind: Auf dem Gipfel.

Wir dürfen jammern wie Heinz – wenn wir Menschen auf dem Weg haben, die uns weiterhelfen, wenn wir uns auf Gott verlassen, dann erreichen wir das Ziel. Und wir dürfen strebsam und zielorientiert sein wie Lutz, dann verlieren wir den Sinn unserer Wanderung nie.
Gott hat unser Leben in der Hand. Nicht mehr und nicht weniger. Und in Gott findet unser Leben seinen tieferen Sinn, seine tiefere Bedeutung und seine tiefsten Frieden.

Darum also diese Geschichte.

Alles Gute, Alsterstewart.

PS: Gerade habe ich gelernt, dass der Aufstieg zum Heimgarten im Jahre 1879 für den damals 15jährigen Richard Strauss die Inspiration für seine spätere "Alpensymphonie" gewesen ist.














Freitag, 3. März 2017


Tag 15/2

Eine harte Woche liegt hinter mir. Wie bereits am Sonnabend geschrieben, habe ich Blutdruckprobleme. Mir war das bislang neu, die Frage ist: Kommt der zu hohe Blutdruck durch die Therapie – oder ist er eine Folge der Therapie? Einerlei.



Der Druck

Dabei kann ich gar nicht so richtig sagen, wie sich das anfühlt: Hoher Blutdruck mit 180 zu irgendwas. Mal versuchen: Erst steigt so ein Unwohlsein die Wirbelsäule hoch, gleichzeitig wird die linke Herzseite ganz warm, sticht dann leicht, dann kribbelt es v.a. auf der linken Seite, schließlich kommt ein linder Schmerz aus der Mitte des Kopfes und greift mir von innen an die Nasenwurzel. Denken geht noch – aber nicht mehr klar. Denn zeitgleich mit diesen Phänomenen kommt von unten aus dem Bauchraum ein beklemmendes Angstgefühl und schleicht sich allmählich nach oben in den Hals.

So ein Anfall dauerte bei mir rund 1-3 Stunden, je nach Lust und Laune. Irgendwann war er dann vorbei, der Spuk und verzog sich wie ein zäher roter Nebel. Aber dabei war mir bewusst, dass er bald wiederkommen wird.

Nun hatte man mir Tabletten gegeben, die den Druck senken sollten. Sorry, entweder musste sich das noch einspielen oder die Dosis war 2,5 mg Ramipril zu niedrig: Eine Wirkung konnte ich nicht feststellen. So war das ganze letzte Wochenende bis einschließlich Montag ein Wechsel zwischen Bluthochdruckanfall und kurzer Entspannung.

Am Montag sagte meine Ärztin, dass nun die Tablettendosis verdoppelt wird. Ab sofort 5 mg Ramipril. Das Zeugs wird übrigens über die Niere ausgeschieden, das bedeutet viel für einen MM-Patienten, der auf seine Nierenwerte aufpassen muss.

Flugs die doppelte Portion genommen – und die Anfälle von Bluthochdruck kamen nur ansatzweise. Aber nicht so flugs. Es war irgendwie wie ein Jo-Jo: Es wird nach oben gezogen, nach unten gelassen und pendelt dann zwischen unten und oben erstmal hin und her. Und dieses „hin und her“ war mein Alltag am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Es schauerte mich, es krampfte mich, es würgte mich, es hustete mich, es schwindelte mich, es bedrängte mich.




Bluthochdruck ist schlimm. Und den Druck dann nach unten senken ist auch schlimm.

Den Teufel mit Beelzebub austreiben – das kam mir in den Sinn.

Auf der anderen Seite: Der Körper kann sich doch auch daran gewöhnen. Warum nicht bei mir?

Das Problematische daran ist ja, dass ich mich mehr auf die Nebenwirkungen der Therapie konzentriere als auf die Hauptsache der Therapie. Das Ziel ist ja nicht, den Druck in den Griff zu bekommen, sondern MM zurückzudrängen, möglichst WEIT WEG. Und dieses Ziel kann und darf nicht aus den Augen verloren werden.

Und nun?

Heute ist der erste Tag seit Mittwoch letzter Woche, an dem ich wieder einigermaßen klar bin. Zwar fühle ich mich immer noch leicht benommen, aber die Schmerzen im Kopf sind weg, die Anfälle sind ausgeblieben, die Angstattacken auch. Also eigentlich: Ein guter Tag, sieht man von Kleinigkeiten ab.

Ich lerne, mit Kleinigkeiten zufrieden zu sein. Ein klarer Tag – das ist schon sehr viel. Morgen kann es wieder ganz anders aussehen. Nichts im Leben ist selbstverständlich.


Sorgt nicht für morgen

Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat. (Matthäus 6:34).

Ich bin gut im Sorgenmachen. Und seitdem ich Christ bin, denke ich über diesen Vers nach. Mir fällt es nicht leicht, mir keine Sorgen zu machen. Es gibt so vieles, was mich bewegt, so vieles, was mich bedrückt -  und so vieles, das sich bedrohlich in mein Leben einschleichen will. Oft verscheuche ich diese trüben Gedanken mit dem Wort „Sorgt nicht für morgen“ und „Gott gibt euch das Nötige hinzu“. Aber wirklich? Ist das nicht nur Illusion? Frommes Geschwätz?

In der Einsicht, dass es im Leben keine Selbstverständlichkeiten gibt, liegt ein Schlüssel meiner Lektion: Denn wenn es keine Selbstverständlichkeiten mehr gibt, dann gibt es nur noch Chaos ab morgen – oder Gnade, die auf mich wartet. Dem Chaos von morgen habe ich abgeschworen, als Gott mich durch Jesus in Sein Reich nahm. Also bleibt: Die Gnade, die auf mich wartet. Und wie diese Gnade aussieht, darin liegt das Spannende im Glauben. Aber wenn Jesus hier sagt: „Sorgt nicht für morgen“ – dann heißt das für mich: Auch morgen liegt mein Leben in Gottes Hand, und Gottes Hand verheißt mir Seine Gnade.

Wie sieht die Gnade morgen aus? Das weiß ich, wenn morgen ist.  Heute war die Gnade ein klarer Tag ohne Anfälle.


Alles Gute, Alsterstewart