Freitag, 3. März 2017


Tag 15/2

Eine harte Woche liegt hinter mir. Wie bereits am Sonnabend geschrieben, habe ich Blutdruckprobleme. Mir war das bislang neu, die Frage ist: Kommt der zu hohe Blutdruck durch die Therapie – oder ist er eine Folge der Therapie? Einerlei.



Der Druck

Dabei kann ich gar nicht so richtig sagen, wie sich das anfühlt: Hoher Blutdruck mit 180 zu irgendwas. Mal versuchen: Erst steigt so ein Unwohlsein die Wirbelsäule hoch, gleichzeitig wird die linke Herzseite ganz warm, sticht dann leicht, dann kribbelt es v.a. auf der linken Seite, schließlich kommt ein linder Schmerz aus der Mitte des Kopfes und greift mir von innen an die Nasenwurzel. Denken geht noch – aber nicht mehr klar. Denn zeitgleich mit diesen Phänomenen kommt von unten aus dem Bauchraum ein beklemmendes Angstgefühl und schleicht sich allmählich nach oben in den Hals.

So ein Anfall dauerte bei mir rund 1-3 Stunden, je nach Lust und Laune. Irgendwann war er dann vorbei, der Spuk und verzog sich wie ein zäher roter Nebel. Aber dabei war mir bewusst, dass er bald wiederkommen wird.

Nun hatte man mir Tabletten gegeben, die den Druck senken sollten. Sorry, entweder musste sich das noch einspielen oder die Dosis war 2,5 mg Ramipril zu niedrig: Eine Wirkung konnte ich nicht feststellen. So war das ganze letzte Wochenende bis einschließlich Montag ein Wechsel zwischen Bluthochdruckanfall und kurzer Entspannung.

Am Montag sagte meine Ärztin, dass nun die Tablettendosis verdoppelt wird. Ab sofort 5 mg Ramipril. Das Zeugs wird übrigens über die Niere ausgeschieden, das bedeutet viel für einen MM-Patienten, der auf seine Nierenwerte aufpassen muss.

Flugs die doppelte Portion genommen – und die Anfälle von Bluthochdruck kamen nur ansatzweise. Aber nicht so flugs. Es war irgendwie wie ein Jo-Jo: Es wird nach oben gezogen, nach unten gelassen und pendelt dann zwischen unten und oben erstmal hin und her. Und dieses „hin und her“ war mein Alltag am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag. Es schauerte mich, es krampfte mich, es würgte mich, es hustete mich, es schwindelte mich, es bedrängte mich.




Bluthochdruck ist schlimm. Und den Druck dann nach unten senken ist auch schlimm.

Den Teufel mit Beelzebub austreiben – das kam mir in den Sinn.

Auf der anderen Seite: Der Körper kann sich doch auch daran gewöhnen. Warum nicht bei mir?

Das Problematische daran ist ja, dass ich mich mehr auf die Nebenwirkungen der Therapie konzentriere als auf die Hauptsache der Therapie. Das Ziel ist ja nicht, den Druck in den Griff zu bekommen, sondern MM zurückzudrängen, möglichst WEIT WEG. Und dieses Ziel kann und darf nicht aus den Augen verloren werden.

Und nun?

Heute ist der erste Tag seit Mittwoch letzter Woche, an dem ich wieder einigermaßen klar bin. Zwar fühle ich mich immer noch leicht benommen, aber die Schmerzen im Kopf sind weg, die Anfälle sind ausgeblieben, die Angstattacken auch. Also eigentlich: Ein guter Tag, sieht man von Kleinigkeiten ab.

Ich lerne, mit Kleinigkeiten zufrieden zu sein. Ein klarer Tag – das ist schon sehr viel. Morgen kann es wieder ganz anders aussehen. Nichts im Leben ist selbstverständlich.


Sorgt nicht für morgen

Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat. (Matthäus 6:34).

Ich bin gut im Sorgenmachen. Und seitdem ich Christ bin, denke ich über diesen Vers nach. Mir fällt es nicht leicht, mir keine Sorgen zu machen. Es gibt so vieles, was mich bewegt, so vieles, was mich bedrückt -  und so vieles, das sich bedrohlich in mein Leben einschleichen will. Oft verscheuche ich diese trüben Gedanken mit dem Wort „Sorgt nicht für morgen“ und „Gott gibt euch das Nötige hinzu“. Aber wirklich? Ist das nicht nur Illusion? Frommes Geschwätz?

In der Einsicht, dass es im Leben keine Selbstverständlichkeiten gibt, liegt ein Schlüssel meiner Lektion: Denn wenn es keine Selbstverständlichkeiten mehr gibt, dann gibt es nur noch Chaos ab morgen – oder Gnade, die auf mich wartet. Dem Chaos von morgen habe ich abgeschworen, als Gott mich durch Jesus in Sein Reich nahm. Also bleibt: Die Gnade, die auf mich wartet. Und wie diese Gnade aussieht, darin liegt das Spannende im Glauben. Aber wenn Jesus hier sagt: „Sorgt nicht für morgen“ – dann heißt das für mich: Auch morgen liegt mein Leben in Gottes Hand, und Gottes Hand verheißt mir Seine Gnade.

Wie sieht die Gnade morgen aus? Das weiß ich, wenn morgen ist.  Heute war die Gnade ein klarer Tag ohne Anfälle.


Alles Gute, Alsterstewart

3 Kommentare:

  1. Lieber Stefan, Du weisst, daß wir jeden TAg für dich beten und wirklich Hoffnung haben, daß Du eines Tages nach hinten schauen kannst und sagen wirst: "Das war eine schwere Zeit, aber ich bin durch." Ich selber habe ja ein Heilungswunder erlebt und ein anderes Wort als "Wunder" reicht nicht. Mediziner haben keine Erklärung dafür, daß aus einer Art "Gemüse im Gehirn" wieder ein denkender Mensch wurde. Es gab auch keine Erklärung für "Gemüse", man hat nichts Sichtbares gefunden. Bei Dir ist das anders, aber Gott steht über jeder Krankheit. Jesus brachte sogar Lazarus nach 4 Tagen wieder zum Leben. Das ist selbst für sehr gläubige Juden eine Herausforderung gewesen. Wir sind sehr betroffen, wie schwer dich der Bluthochdruck trifft. Wir kennen einige Leute mit Bluthochdruck, aber keiner beschreibt solche Achterbahnfahrten wie du. Da Medikamente deinen Bluthochdruck auslösen, kann man das wohl auch nicht vergleichen. Wir beten von Herzen, daß Du aus dieser Plage rauskommst. Deine Lehmanns

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  2. Hallo Stefan,

    ich bin nicht religiös aber gläubig. Ich mache mir
    über das morgen keine Sorgen, oder sorge dafür.
    Ich versuche den Tag und das Leben zu leben.Ich kann das
    derzeit leicht sagen.

    Für mich ist tatsächlich das scheinbar wirkliche Leben
    eine Illusion, also umgekehrt. Ich denke es ist nur in uns selbst.
    So lese ich Matthäus.

    Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen
    Tag verlängern? (Matthäus 6:27)

    Ich habe ein Lied für dich heraus gesucht.

    Sei still, meine Seele! Dein Jesus hilft siegen;
    trage geduldig das Leiden, die Not;
    Gott ist’s, der alles zum Bestenwill fügen,
    der dir getreu bleibt in Schmerzen und Tod.
    Sei still, meine Seele! Dein Jesus wird machen
    glücklichen Ausgang bedenklicher Sachen.

    Sei still, meine Seele! Der Herr hat’s in Händen;
    hält sich dein Herz nur im Glauben an ihn,
    wird er den Kummer bald wenden und enden;
    herrlich wird endlich, was wunderbar schien.
    Sei still, meine Seele! Dein Heiland wird zeigen,
    wie vor ihm Meer und Gewitter muß schweigen.

    Sei still, meine Seele! Wenn Freunde sich trennen,
    die du so zärtlich und innig geliebt,
    wirst du die Freundschaft des Höchsten erkennen,
    der sich zum Eigentum treulich dir gibt.
    Sei still, meine Seele! Dein Jesus ersetzet,
    was dich beim Sterben der Liebsten verletzet.

    Sei still, meine Seele! Es kommen die Stunden,
    dass wir beim Herrn sind ohn‘ Wechsel der Zeit;
    dann ist das Scheiden, der Kummer verschwunden,
    ewige Freundschaft vergütet das Leid.
    Sei still, meine Seele! Nach zeitlichem Scheiden
    sehn wir uns wieder ohn‘ Schmerzen und Leiden.

    Es ist ein Lied von Katharina von Schlegel

    Wir haben uns bisher noch nicht richtig kennengelernt,
    aber ich bin in Gedanken bei Dir.

    Ich hoffe, ich bin Dir jetzt nicht zu Nahe getreten bin.

    Gruß

    Michael

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  3. Hallo Stefan,

    Ich soll dir folgendes von einer Freundin mitteilen, wir streiten uns oft. Ich finde es aber schön was sie schreibt.

    "Stefan schreibt so, dass ich sehr gut nachvollziehen kann, wie er empfindet und denkt. Und er hat Recht. Es ist die Gnade, die das (christliche) Leben ausmachen … einzig die Gnade …, das war die bahnbrechende Entdeckung Luthers.
    Ich möchte ihm Zurufen, dass er dieser Gnade uneingeschränkt vertrauen kann …, aber im Grunde seines Herzens weiß er das. Ein Christ, eine Christin wird niemals aus dieser Gnade, aus der Liebe Gottes herausfallen.

    Gott will nicht, dass wir Menschen uns sorgen. Er will, dass wir Leben.
    Aber das Leben ist nicht nur in uns selbst. Denn unsere innerste Erfahrung soll nicht in uns selbst bleiben.
    Wir sollen sie hinaus tragen, schreien, sichtbar werden lassen!!! Gott ist ein Liebhaber des Lebens.
    Wir Menschen begrenzen uns selber … wir sollen aber frei sein – zum Leben … Wir machen es oft genug nicht.
    Weil, so hat es Kamphaus gesagt, weil wir Menschen uns viel zu klein denken. Wir sind viel größer und Gott traut uns auch richtig viel zu … und dass ist nicht nur auf uns oder unser Innerstes bezogen.
    Wir sollen dadurch die äußere Welt gestalten und beeinflussen. Deswegen ist das wirkliche Leben keine Illusion. Es ist echt … und wir sollen das wirkliche Leben ganz in echt leben …."

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