Dienstag, 10. März 2020


CORONA - Grüße aus der Risikogruppe


In der ersten Nacht, die ich im Januar/Februar im Krankenhaus wegen Gürtelrose verbringen durfte, wurde ich spätabends noch von einer Dermatologin geweckt. Meine Bluttests wären da und - siehe da - die weißen Blutkörperchen wären ziemlich weit unten. Das war für mich nicht so überraschend, für die junge Ärztin indessen schon. Ich bat, umgehend Kontakt mit den UKE-Onkologinnen aufzunehmen, die wüssten gut bei mir Bescheid. Was der Dermatologin Anlass zur Besorgnis war, hielten die Onkologinnen für noch OK. Aber selbstverständlich waren und sind mir die Konsequenzen niedriger weißer Blutkörperchen bekannt: Das Immunsystem ist ramponiert.

Mit dem Bakterium, das meinen Aufenthalt im UKE um zweieinhalb Wochen verlängerte, wäre ein normales Immunsystem vermutlich gut klar gekommen. Bei mir war das anders, das wurde mir klar.

Und nun: CORONA!

Vorausgeschickt: Ich bin gegen Influenza geimpft und genieße auch den Schutz gegen die meisten Erreger einer Lungenentzündung. Für MM-Erkrankte sollte das zur Standardausrüstung gehören. Trotzdem erleide ich immer wieder einige Infekte, darunter auch die grippalen, die es so in Hamburg und Umgebung gibt. Mein Immunsystem lässt vieles rein, was andere Immunsysteme rücksichtslos ausmerzen.

Und nun: CORONA!

So richtig gefährdet ist bei Corona die "Risikogruppe". Klar, dass auch andere Menschen daran erkranken können. Aber in der Risikogruppe bestehen lebensgefährliche Risiken, sollte man an Corona erkranken. Wer gehört zur Risikogruppe? Alte und Menschen mit "Vorerkrankungen". Hurra, in der Liga spiele ich mit, denn mit "Vorerkrankung" kann ich dienen. Das Multiple Myelom gehört definitiv dazu. Ich kenne noch eine Frau, die an COPD ("Raucherhusten") erkrankt ist. Die darf sich ebenfalls dazu zählen. Sollten wir uns mit Corona anstecken, dürfen wir uns auf eine abenteuerlich-spannende Zeit einstellen.

Pardon, ich habe kein Verständnis, wenn Corona auf die ganz leichte Schulter genommen wird. "Mir passiert schon nix" sagen viele Menschen. Sie haben auch recht, IHNEN passiert auch wenig. Da ist dann Corona ein Infekt wie viele auch, nur das Fieber ist etwas höher und die Dauer etwas länger, als sonst gewohnt. In der Zwischenzeit aber haben diese Leichtsinnigen ausgiebig Gelegenheit, Menschen wie mich anzustecken, für die ein Infektion eben gravierend verlaufen kann.

Pardon, ich habe kein Verständnis, wenn simpelste Hygienemaßnahmen, die doch in aller Munde sind, außer acht gelassen werden. In die Gegend husten, die Hände freudig zur Begrüßung entgegenstrecken und dann leicht verägert sein, wenn ich sie nicht ergreife... Die Liste kann fortgesetzt werden. Ich will mich partout nicht mit diesem Zeugs infizieren, besten Dank.

Pardon, ich habe kein Verständnis, wenn sich Menschen die erforderlichen und harmlose Impfungen auslassen. Noch gibt es bei Corona keine Impfung. Aber bei Grippe etwa. Trotzdem lassen sich viel zu wenige Menschen dagegen impfen - und gefährden dadurch Menschen wie mich.

Und nun: Corona!

Ich meide nun öffentliche Verkehrsmittel, auch größere Menschenansammlungen (wenn möglich). In meiner Firma arbeite ich - wie alle in meiner Abteilung - in einer Art Box aus Kunststoffteilen, die um meinen Arbeitsplatz herum gebaut ist und die nicht nur Geräusche dämmt, sondern auch Viren fernhalten kann. Seitdem ich aus dem UKE entlassen worden bin, nutze ich wieder das Auto, um von A nach B zu kommen. Die Vorstellung, in einer vollbesetzten U-Bahn zu sitzen, gruselt mich. Dann wasche ich mir die Hände bis zum Exzess. 

Gibt es Grund zur Panik? Ich meine, nein. Aber etwas mehr Gedanken als sonst können wir uns alle machen, wie wir mit Infektionskrankheiten und unserer Verantwortung für uns selbst und andere umgehen können.

Ich gehöre zur Risikogruppe.

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