Samstag, 25. Februar 2017


Tag 9/2

Ich habe seit einer Woche nichts mehr hier geschrieben, da wird es Zeit, noch einmal nachzulegen.

Wochenchronik: Letztes Wochenende hatte ich ja mit meinem rechten Fuß zu tun. Stechender Schmerz direkt an der Sehne, vermutlich durch ein Krebsmedikament ausgelöst. Ja, das hat sich gebessert – mein rechter Fuß und ich, wir arbeiten zusammen. Ich kann wieder auftreten, mit gut gepolsterten Schuhen auch wieder gehen, manchmal sogar normal abrollen.

Daher war ich am Montag und Dienstag gut obenauf, wie man sagt. Alles war super. Krebs? Ach was, erinnere mich dran, ich habe ihn schon fast vergessen.

Dann kam der Hammer.

Am Donnerstag bin ich zur Arbeit gefahren. Während ich meiner Arbeit nachging bemerkte ich, wie ich immer weiter gedanklich und körperlich wegsackte. Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwanschwindel machten sich breit. Dazu kamen Angstattacken und extremes Zittern. ES GING NICHTS MEHR. Etwas stach in mein Herz. Aber war? Sind das die MM-Schmerzen? Sind das womöglich Herzattacken?

Glücklicherweise habe ich in meiner Abteilung eine Kollegin, die als Ersthelferin ausgebildet ist. Die maß sofort meinen Blutdruck. Der war zu diesem Zeitpunkt durch die Decke gegangen und in nie zuvor bekannte Regionen gestiegen. An Weiterarbeiten war nicht mehr zu denken.  Und so verfrachtete sie mich in ein Taxi, das mich auf schnellstem Wege von Quickborn ins UKE fuhr. Mir ging es während der Fahrt hundeelend.

Notaufnahme UKE. Warten. Erste Untersuchung. Warten. Ersteinschätzung mit Blutentnahme, EKG usw. Dann zweite Untersuchung. Immer wieder Absprache zwischen Notaufnahme und Onkologie. Warten. Dann erste Tablette. Warten. Zweite Tablette. Warten. Dann durfte ich nach insgesamt viereinhalb Stunden mit erhöhten Blutdruck nach Hause.

Gestern dann Infusionstag. Der lief zuerst wie immer. Aber der Blutdruck stieg wieder bis auf Spitzenwerte. Zum Schluss erhielt ich ein Sofortmedikament gegen Bluthochdruck. Damit durfte ich dann nach Hause.

Jetzt nehme ich zusätzlich zu allen anderen Medikamente eben noch eines gegen Bluthochdruck. Ehrlich gesagt: Sch…. Was kann ich sonst noch machen, um den Blutdruck zu senken, der sich ohnehin erhöht, wenn ich Kortison nehmen muss? Wie halte ich meine Belastung in Grenzen?

Meine Ärztin meinte, der Anstieg des Blutdrucks auf diese Werte wäre sehr wahrscheinlich eine Folge des Stresses, dem ich ausgesetzt bin. Es geht also (auch) um Stressmanagement. Was regt mich auf? Was entspannt mich? Habe ich mir schon zu viel zugemutet? Oder unterlasse ich das, was mir guttut?

Heute nun war ich zuerst nicht zu gebrauchen. Ich merkte nach dem Aufstehen förmlich, wie der Druck stieg. Es ist immer so ein Kribbeln im Kopf, so ein Wegesacken der Welt vor meinen Augen, so ein Herzklopfen und -stechen, so eine Übelkeit und Rasen…. Jetzt habe ich das mir verschriebene Medikament gegen den Druck genommen, und „erfreue“ mich dessen Nebenwirkungen. Kopfweh, Benommenheit, Übelkeit gehören auch dazu. Und dann kommen eben doch Gedanken, die so dunkel sind, das sie hier keinen Platz haben.

Es ist also eine Woche, die nach Schwierigkeiten gut anfing, aber derzeit nicht so gut weitergelaufen ist.

Was mich hält

Klingt es zu fromm, wenn ich sage: Ich werde im Glauben gehalten? Mir egal, ob es zu fromm klingt, es ist so. Ab und zu muss ich mich daran erinnern, dass auch in den Tiefen meiner Wege Jesus immer dabei ist und mir beisteht. Es ist kein lauter Jesus, kein mit viel Bohei daherkommender Christus – sondern ein stiller, verständnisvoller und mit-leidender Gottessohn. Ja, er kennt mich.

Und es gibt Begebenheiten, die mich berühren. Eine gute Freundin, wir kennen uns seit mehr als 30 Jahren, war mit mir und einigen anderen Freunden vor eineinhalb Jahren in Prag. Dort bekam sie im Jüdischen Viertel mit, wie ich mich (aus Geiz) nicht dazu durchringen konnte, mir eine Golem-Figur zu kaufen. Der Golem steht sinnbildlich für die Jüdische Gemeinde in Prag und ist eng mit den Legenden um Rabbi Löw verbunden. https://de.wikipedia.org/wiki/Golem

Letzten Sonnabend traf ich mich mit guten Freunden auf einen gemütlichen Abend in Barmbek. Und mein Freund Joachim, der Mann besagter Freundin, brachte mir diese Figur mit: „Hier, der Golem ist für Dich von Claudia.“






Ich war und bin tief berührt. Dieses Geschenk steht sinnbildlich für die Menschen, die in dieser schwersten Zeit meines Lebens an mich denken, für mich beten und mit mir verbunden sind. Trotz des ganzen Mists, durch den ich – und mit mir meine Familie – nun hindurch muss,  sind wir, bin ich nicht vergessen. Manchmal braucht es nicht vieler Worte, sondern einfach eine kleine Geste, um das auszudrücken.

Danke.

Wer beten mag: Es geht vor allem jetzt um die Senkung des Blutdrucks auf vertretbare Werte.

Herzliche Grüße, Alsterstewart

2 Kommentare:

  1. Lieber Stefan, ich denke an Dich und Deine Familie und meine Gebete begleiten Dich / Euch. Liebe Grüße Bettina
    Ich schaue hinauf zu den Bergen – woher kann ich Hilfe erwarten? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat! Der Herr wird nicht zulassen, dass du fällst; er, dein Beschützer, schläft nicht. Ja, der Beschützer Israels schläft und schlummert nicht. Der Herr gibt auf dich acht; er steht dir zur Seite und bietet dir Schutz vor drohenden Gefahren. Tagsüber wird dich die Sonnenglut nicht verbrennen, und in der Nacht wird der Mond dir nicht schaden. Der Herr schützt dich vor allem Unheil, er bewahrt dein Leben. Er gibt auf dich acht, wenn du aus dem Haus gehst und wenn du wieder heimkehrst. Jetzt und für immer steht er dir bei!“
    ‭‭Psalm‬ ‭121:1-8‬ ‭HFA‬‬

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  2. Danke, lieber Stefan für die Wochenchronik. Es ist schon ziemlich schlimm, was du durchmachst. Jeder von uns kennt ja ein paar kleinere Beschwerden mit Blutdruck, z.B. bei Grippe usw. Ich hab mal ohnmächtig in der Küche gelegen - Kreislauf weg. Da ist man schon reichlich erschrocken. Der Notarzt hat mich dann ins Bett gesteckt - es war tatsächlich die Grippe, aber sowas geht ja weg, während du grad gar nicht voraussagen kannst, wie dein Körper auf all die Medikamente reagiert. Wir beten sehr, daß du da gesund rauskommst - das ist unser Gebetsziel. Kein anderes. Deine Lehmanns

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