Tag 2/2
Nur ein kurzer
Text:
Der zweite Zyklus hat gestern angefangen. Und – o Wunder –
ich habe die gestrige Infusion gut durchgestanden. Der Blutdruck blieb stabil
auf akzeptablem Niveau, das war mir sehr wichtig. Und das Drumherum stimmte
auch so weit. „Die Werte sind immer noch sehr gut“ sagte meine Ärztin. Was sie
genau damit meinte, erschließt sich mir nicht. Leider wurde mir in den letzten
Tagen sehr bewusst, dass MM eine ausgesprochen bedrohliche Krankheit ist, mir
der nicht zu spaßen ist und die immer wieder durchkommen kann.
Aber was heißt das schon? Ich sehe einer Karriere als
chronisch Kranker entgegen. Ehrlich: Damit muss ich mich wohl abfinden. Andere
Menschen erkranken – auch in meinem Alter und darunter – ebenfalls an
chronischen Krankheiten, die immer wieder auftauchen können und die
ausgesprochen bedrohlich sind. Es muss nicht immer Krebs sein, es kann auch MS,
Asthma, Zucker, Hepatitis, Herzerkrankungen, psychische Erkrankungen und
sonstiger Mist sein.
Tröstet mich das? Nein. Aber ich weiß: Ich bin mit meinem
Leiden nicht allein.
Abgesehen davon: Alles paletti, Stefan?
Nein.
Am Mittwoch bekam ich starke Schmerzen im rechten Fuß,
leider im Fersenbereich. Seit dem Jahr 2000 laboriere ich an Fersenspornen
links und rechts, die sich immer wieder in schmerzhaften Intervallen gezeigt
haben, aber sich im Wesentlichen seit fünf Jahren weitgehend zurückgezogen
hatten. Sie sind immer noch da, schmerzen aber kaum und selten. Doch nun,
mitten in der Krebstherapie, taucht mit einem Mal dieser Schmerz auf, rechts,
an der Ferse. Ich war geschockt, er zog sich auch nicht zurück. Alle
Erinnerungen an den Sporn waren angetriggert. Jeder Schritt mit rechts eine
Qual und ich weiß aus Erfahrung, dass die Vermeidungshaltung den linken Fuß
belastet, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, wann sich auch dort der
Schmerz zeigt.
Meine Ärztin meinte gestern: „Sehnenentzündung im
Fersenbereich. Das kann eine Nebenwirkung von Revlimid sein.“ Revlimid ist ein
zentrales Medikament meiner Therapie. „Wenn es gar nicht mehr geht, dann müssen
wir es wohl absetzen.“ Aber. Wie geht meine Therapie dann weiter? Es gibt
andere Medikamente, aber dann wäre ich wohl raus aus der Studie.
Mist.
Ich gebe aber hier nicht auf. Nein. Ich mache weiter. Und
ich beginne, den Entzündungshemmer Kortison endlich als Verbündeten zu
begreifen. Schmerzmittel her zu mir! Und vielleicht habe ich meinem Körper die
letzten Wochen zu viel zugemutet: Ausgedehnte Spaziergänge. Schnelles Gehen.
Alles für das Gedeihen einer Entzündung der Sehnen förderlich.
Nicht aufgeben heißt nun: Entzündung eindämmen mit
Bordmitteln. Schonen. Zurücknehmen. Schmerzmittel nehmen. Mutig sein und ab und
zu den rechten Fuß belasten. Weise sein und den linken Fuß nicht zu sehr
beanspruchen. Sensibel sein für die Signale des Körpers.
Und: Den Stolz über Bord werfen und Hilfe in Anspruch
nehmen- Nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele.
Alles Gute, Alsterstewart
PS: Bitte betet dafür, dass die Schmerzen im Fuß wieder verschwinden und ich die Therapie fortsetzen kann.
Ach Stefan, nee, nun auch noch dieses. Schmerzen im Fuss kennt ja fast jeder über 30. Meistens lässt sich das gut behandeln. Ob es direkt mit dem Medikament zu tun hat, weiss man ja nicht wirklich.Ich glaub, du hast auch einige Spaziergänge unternommen, oder? Das würdest du ja in einer normalen Arbeitswoche gar nicht gemacht haben. Wir werden das auch noch speziell ins Gebet nehmen. Es ist ja auch immer noch kalt draussen, das soll man nicht unterschätzen. Die Muskeln sind nicht "gemütlich".
AntwortenLöschenLieben Gruss Deine Lehmanns